++ EIL ++

Leipziger Schwarzfahrerin freigesprochen, weil sie ein Pappschild dabei hatte

Zuletzt aktualisiert:

Eine 29-jährige Leipzigerin ist bei einem kuriosen Prozess vom Amtsgericht Leipzig freigesprochen worden. Sie war mehrfach schwarz gefahren, wird aber wegen einem Papp-Schild, dass sie dabei hatte, nicht bestraft. Wie bitte?

Der ungewöhnliche Fall

Sie (laut Gericht) bzw. die nach eigenen Angaben non-binäre Person war letztes Jahr insgesamt drei Mal bei ICE-Fahrten zwischen Berlin, Hamburg und München ohne Ticket erwischt worden. Dafür hatte sie einen Din-A4-Pappkarton dabei, auf dem gut leserlich stand: „Ich fahre ohne gültigen Fahrschein! Es ist genug für alle da. Mobilität sollte keine Klassenfrage sein.“

Mit diesem Schild sei der Straftatbestand des Erschleichens von Leistungen nicht erfüllt, wie uns Gerichtssprecher Stefan Blaschke auf Nachfrage sagte. Denn die Leistung habe man sich in dem Fall ja nicht erschlichen.

Darum ist die Person so öffentlich schwarz gefahren

Auf Nachfrage hat uns ihr Verteidiger erklärt, dass man mit der Aktion Aufmerksamkeit für das Ziel von kostenloser Mobilität in ganz Deutschland erreichen wolle. Denn jedes Jahr würden bis zu 9000 Menschen im Gefängnis landen, weil sie sich weder den Fahrschein noch die Geldstrafe fürs Schwarzfahren leisten könnten.

„Ein einziges sinnloses Gemetzel, und völlig überflüssig, wenn ÖPNV einfach kostenlos wäre“, so die angeklagte Person. „Das wäre mal ein brauchbares politisches Ziel. Stattdessen werden kleine Zettel bedruckt, beworben, verkauft, kontrolliert und die Nicht-Inhaber*innen bestraft – alles unproduktive Tätigkeiten, für die alle mitbezahlen.“

Verteidiger Ruben Gradl aus Gießen, der nach eigenen Angaben kein Anwalt ist, hat uns auf Nachfrage erklärt, dass er selbst ein notorischer Schwarzfahrer sei. Und: „Das Urteil des Amtsgerichts Leipzig zeigt uns wieder einmal: bis Schwarzfahren endlich straffrei wird, können wir diese Gesetzeslücke sinnvoll und einfach nutzen, um unabhängig vom Geldbeutel mobil zu sein. Ich hoffe, diese Urteile haben eine motivierende Signalwirkung.“

Das Urteil sei im Übrigen nicht das erste dieser Art, so Gradl. Es habe in den letzten Jahren bereits ähnliche Fälle und Rechtssprechungen in Deutschland gegeben. Und zivilrechtlich? „Das weiß ich nicht.“ Bisher sei da nichts gekommen.